Alte deutsche Schriftarten
Vorbemerkung vom 23. April 2024:
Laut
Presseberichten wurde am 27. Februar 2024 ein 16jähriges Schulmädchen im März 2024 von Polizisten aus dem laufenden Unterricht in an einer Schule in Ribnitz-Damgarten geholt. Laut "Focus" wurden ihr u.a. Schriftzüge zur Last gelegt, „die dem rechtsextremistischen Spektrum zuzuordnen sind, sowie Runenzeichen und altdeutsche Schrift mit Lorbeerkranz“. Ebenso zeigte sich die Kleine in einem Hoodie von "Helly Hansen", auf den die Initialen HH eingestickt waren. Das Mädchen postete laut Polizei auch die Fahne von Hansa Rostock. Eine Verbreitung von verfassungsfeindlichen Sprüchen wurde ihr jedoch nicht einmal von der Polizei oder dem Schulleiter, der diese benachrichtigt hatte, vorgeworfen.
Ich mache darauf aufmerksam, daß ich bei Verwendung "altdeutscher Schrift" (die Polizei meinte wohl Deutschkurrent) in Veröffentlichungen keine Verantwortung übernehme und davon abrate, diese mit einem Lorbeerkranz in Verbindung zu bringen oder überhaupt Texte in dieser Schriftart zu veröffentlichen.
Sütterlin und andere Schriften
Die bekannteste "alte" Schreibschrift ist die Sütterlinschrift. Über
diese sind so viel falsche Informationen in Umlauf, daß ich einige
kurze Informationen darüber geben möchte.
Meyers Lexikon schrieb im vorletzten Jahrhundert über die Deutsche
Kurrentschrift, von der die Sütterlin nur eine Variante ist
(hübscher Fund:
http://www.retrobibliothek.de/retrobib/seite.html?id=114539
):
"Die zu jener Zeit, gleichwie in Deutschland, so auch in
Frankreich und England übliche spitze Schreibschrift wurde von der
runden lateinischen Form der Schreibschrift Italiens in Frankreich
gegen Ende des 16. Jahrh., in England um die Mitte des 17. Jahrh.
verdrängt. (...) Auf Deutschland blieben jene Fortschritte fast
ohne Einfluß, weil den in Schnörkelwesen verfallenen deutschen
Schreibmeistern das Verständnis dafür mangelte."
S
chriftbeispiele: links Sütterlin
(gleiche Linienstärke, rund, aufrecht), rechts Deutsche
Kurrent (kurrent.ttf) (Aufstriche als Haarlinien, Abstriche
stark, wie hier am "n" zu unterscheiden; Auf-
und Abstriche länger als die Mitte, man
vergleiche das "t" mit dem "e"; Schrift ist geneigt).
Anmerkung: freie Fonts geben nicht immer die typische oder
ideale Schrift wie in historischen Originalen wieder. Generell
sind dort die Unter- und Oberlängen viel länger und fast immer
fehlt der Aufstrich im kleinen "e", wie dies übrigens in der
nachstehend erwähnten "DeutscheKurrent.ttf" von Accipiter
Media berücksichtigt ist, im Gegensatz zu obenstehendem
Beispiel.
"S(e) Majestät der Kaiser und König haben Allergnädigst geruht,
Ihnen auf unseren Antrag anläßlich Ihres Eintritts in den
Ruhestand den Adler der Inhaber des königlichen Hausordens von
Hohenzollern zu verleihen".
Hier ein Ausschnitt aus einem Testament von 1936 aus Familienbesitz.
Der Text lautet:
"Außerdem erhältst Du das Geld von der Evangelischen Vorsorge. Die
Kassenstelle befindet sich Jägerstr. 17. Die 200 Reichsm. von der
Witwenkasse Hamburg sind zu meiner Bestattung.
Bewahre diesen Schein gut auf".
Die Verfasserin (geb. 1874) hat die Schule besucht, längst bevor die
Kurrentschrift zur Sütterlinschrift weiterentwickelt war. Wir sehen,
daß hier die Unter- und Oberlängen wesentlich stärker betont sind,
sodaß die Schreiberin auch darauf verzichtet hat, nach dem "d" ohne
Absetzen weiterzuschreiben. Wie man sieht, laufen auch die
Unterlängen in die nächste Zeile, was das Entziffern des hier als
"Jägerstraße" transkribierten Wortes schwerer machte.
Geschichte
Immerhin wurde in Preußen ab 1915 eine modernisierte Fassung der
alten Kurrentschrift mit den spitzen Lettern, entwickelt von einem
Herrn Sütterlin, eingeführt, die den Schulkindern das Lernen und
leserliche Schreiben erleichtern sollte - mit runden Elementen,
konstanter Strichstärke und einer Rückführung der oft übertriebenen
Ober- und Unterlängen auf leichter lesbare Proportionen.
Am 3. Januar 1941 fiel den Nazis ein, daß die spitze Kurrentschrift
und ihre modernisierte Fassung, die Sütterlinschrift, undeutsch sei,
und sie verfügten mit 3...400 Jahren Verzug gegenüber den
europäischen Nachbarländern die Einführung der lateinischen
Schreibschrift mit ihren vielfältigen runden Elementen, am
auffälligsten dem kleinen "e" mit seiner Schleife statt des alten
Doppelzackens.
Nach Ende des II. Weltkrieges sollen die Aliierten die Anwendung der
Kurrent- und der Sütterlinschrift verboten haben, da diese den
Besatzern nicht geläufig war. Noch bis mindestens 1958 wurde sie
vorübergehend wieder an einigen Schulen gelehrt (verbürgt für
Passau).
Leider zwang man die Linkshänder immer noch beim Schreibenlernen,
auf die rechte Hand umzustellen, um nicht die Tinte gleich wieder
mit dem Handballen zu verwischen. Bei mir persönlich als starkem
Linkshänder kommt aufgrund der anspruchsvolleren, weil
vielfältigeren Formen der lateinischen Schreibschrift eine fast
unleserliche lateinische Handschrift zustande, während ich leicht
von meinen älteren Verwandten eine saubere Kurrentschrift lernen
konnte, die ja nur ein paar Schleifen enthält und sonst nur aus Auf-
und Abbewegungen besteht.
Ich finde es sinnvoll, daß die Kenntnis der Kurrent- und der
Sütterlinschrift nicht verlorengeht, da viele Familiendokumente
sonst nur noch von Spezialisten entzifferbar wären.
Schreibschrift am Computer
Im Computerzeitalter gibt es natürlich auch Fonts, um die alten
Schreibschriften nutzen zu können. Es gibt viele private, liebevoll
und aufwendig gemachten Internetseiten über diese Schriften, deren
Verfasser auch mühsam Truetypefonts erstellt und frei zur Verfügung
gestellt haben (man suche bei Google nach "Sütterlin", da dieser
Begriff weitaus die meisten Treffer erzeugt, auch wenn die Websites
fast durchgehend der Sütterlinschrift als letzte Entwicklung der
historischen Schriften nur die ihr zustehende, untergeordnete
Bedeutung zuordnen. Die meisten Homepages, die die Sütterlin
erwähnten, befassen sich ausgiebig auch mit der Kurrentschrift oder
der historischen Entwicklung der Schriften in Deutschland).
Hat man bei der Sütterlinschrift noch eine gewisse Auswahl, wird es
bei der Kurantschrift mit den frei erhältlichen Fonts arg dünn. Der
Font "unkurr31.ttf" von
http://www.mathesius.de/privat/naumann/runterla.html lässt sich bei
mir unter Open Office für Linux nicht installieren, UN-Kurrent.ttf
hat bei mir gravierende Fehler (auf "Bold" werden statt der
beabsichtigten Wirkung einige Großbuchstaben wie das "A" und die
meisten Zahlen extra dünn). Schön typisch ist der TTF-Font für die
Deutsche Kurrent von Accipiter Media (Tipp: hier liegt das
"Schluß-S" auf dem Dollarzeichen). Der Autor hat sich meiner
Probleme, das "Schluß-S" zu finden, mit großer Liebenswürdigkeit
angenommen und berichtet ferner, daß er noch die letzte
Vervollständigung, die Unterstützung der Ziffern 2-9, in der
nächsten Zeit erledigen werde. Ferner empfehlenswert ist die
Kurrent.ttf, die alle Anforderungen erfüllte. Weiß man, daß das
"Schluß-S" auf dem Balkenkreuz der Tastatur liegt (andere Fonts
haben es auf den Dollar, das "Plus" oder das Paragraphenzeichen
gelegt), kann man damit loslegen. Ein wenig Google-Suche nach
Stichworten wie "kurrent + download + ttf" dürfte helfen.
Empfehlenswerter Link:
Peter Wiegel und seine
Anleitung als PDF!
Schreibgeräte
Die erwähnten Schreibschriften benötigen zur klaren Darstellung
neben den Unter- und Oberlängen, den Rundungen, der Unterscheidung
diverser "Zacken" durch Ü-Bogen und den Querstrich zur Verdoppelung
von "n" und "m" auch feine und starke Strichbreiten. Mit einem
Filzstift oder einem herkömmlichen Füller mit Kugelfeder ist da
nichts zu machen. Die in historischen Zeiten gebräuchliche
Spitzfeder, die je nach Druck stark und schwach schrieb, ist für uns
heute kaum handhabbar; sie erfordert große Übung und stößt im
Aufstrich leicht in das Papier herein. Starre Federn, die breit
und schmal schreiben, wie wir es für kalligrafische Zwecke brauchen,
heissen "Stub" Federn. Geeignete Federn haben einen sog.
"Meißelschliff", der z.B. bei Montblanc ab Strichstärke "B"
angewandt worden sein soll. Den deutlichsten Schliff normaler Füller
für unseren Zweck nennt man Italic.
Haben wir einen Füller mit einer sogenannten Bandzugfeder, so wissen
wir, daß er speziell für die breite und schmale Strichstärke, wie
wir sie für Deutsche Kurrentschrift brauchen, gebaut wurde.
Teure Markenfüller haben einen Federtausch-Service: für eine gewisse
Zeit nach dem Kauf kann man die Standardfeder, z.T. kostenlos, gegen
eine geeignete Feder tauschen lassen.
Ich habe in der ersten Begeisterung diverse Sets (Herlitz
"Calligraphy", namenloser mit Feder "Platinum", Rotring
"Calligraphy" (kein ArtPen mit dem, die Feder bezeichnenden, Zusatz
"Kalligraphie"!) und "Osmiroid", eine hoch renommierten Marke, die
aber nicht mehr hergestellt wird, ausprobiert. Sie alle sind in den
Müll geflogen, unter Hinterlassung von Tintenfingern usw. Füller
sind nie ganz problemlos, aber bis auf ein Exemplar stellten sie
früher oder später ihren Dienst ein oder nahmen ihn mangels
Tintenfluß gar nicht erst auf. Mag sein, daß bei dem gebrauchten
Osmiroid eine unpassende Feder drin steckte, die nicht passte oder
verbogen war und mit dem Tintenleiter keinen korrekten Kontakt mehr
hatte.
Die eine Ausnahme ist ein Lamy "Joy" mit Feder 1.1 Millimeter, der
gut in der Hand liegt (weil er lang genug ist, ohne daß die Kappe
aufgesteckt werden muß und die Balance ruiniert), sofort nach
Einstecken der ersten Patrone losschreibt und auch problemlos wieder
anschreibt, wenn er ein paar Tage gelegen hat.
Leider benötigen alle Lamy-Füller eine besondere Patrone. Als
billigeres Fremdfabrikat (an einem Ende mit Lamy-Anschluß, am
anderen universell für fast alle übrigen Fabrikate) habe ich nur die
Farbe "blau" aufgespürt. Aber da es für einen problemlosen
Tintenfluß auch auf die Tinte ankommt, habe ich nach meinen
schlechten Erfahrungen sowieso keine Lust mehr auf Experimente
bekommen.
Nicht erprobt habe ich:
Rotring ArtPen, den es (Vorsicht!) für verschiedene Schriften
gibt, aber in der Ausführung "Kalligraphie" auch mit Bandzugfedern
von 1.1, 1.5 und 1.9 Millimeter Breite. In einem Forum ist er gelobt
worden. Neben den preiswerten Modellen ab ca. 10 Euro habe ich schon
ein Angebot mit 750er Goldfeder neu um 50 Euro gesehen.
Von Pelikan gab es bis 1989 ein Modell MC110 in Breiten von 0,75 bis
2.0 (siehe
http://www.ruettinger-web.de/pelikan-modell-kalligraphie.html).
Heute aktuell ist der
Pelikan "Script", der meist mit 1.5 mm
Breite angeboten wird (9-12 Euro), aber auch mit 1.0 und 2.0 mm
erhältlich sein soll. An Typenbezeichnungen sind mir P50 oder P52
bekannt.
In Foren positiv erwähnt wird auch ein
Reform Füllhalter mit
1.5 mm Kalligraphiefeder.
Vom einstigen Edelfabrikat Sheaffer sind
Sheaffer
Calligraphy Sets mit Federn in 3-6 verschiedenen Stärken neu
ab ca. 25 Euro erhältlich.
Schreiben und korrekte Haltung
Unverzichtbare Tipps für das richtige Schreiben und die Haltung des
Schreibgerätes gibt's in Englisch auf
http://www.paperpenalia.com/handwriting.html.
Die Auf- und Abbewegung muß aus der Schulter kommen, nicht aus den
mittleren Fingergelenken, die Weiterführung der Hand übernehmen
Schulter- und Ellbogengelenk. Die beiden Gelenke sind auch
verantwortlich dafür, daß das Gewicht der Hand nicht auf dem
Schreibgerät ruht, sondern nur mit dem kleinen Finger der Abstand
zum Papier ertastet wird, und die Muskeln des Handgelenkes und der
Finger sind nur noch für die korrekte, immer gleiche Haltung (mit
dem Ende des Füllers über dem Knöchel des Zeigefingers) zuständig.
Nutzung
Die Kenntnis einer Schrift, die 99 Prozent der Mitmenschen nicht
fließend lesen können, bringt natürlich heute auch größere
Vertraulichkeit. Haben Sie in Ihrem Arbeitszimmer gute Vorsätze an
die Tür gepappt? Wäre Ihr Terminkalender oder ein gar vorhandenes
Tagebuch eine Fundgrube von Informationen für die Konkurrenz? Auch
den Schnell-Lesern unter Ihren Besuchern dürfte die Kurrentschrift
eine blitzschnelle Erfassung des Wesentlichen verwehren. Stellen Sie
gar die Systemschriften und z.B. die Anzeige von E-Mail-Texten auf
die Kurrentschrift (Schreibschrift) oder wenigstens eine
Frakturschrift (Druckbuchstaben) um, so müssen sich Ihnen bei dem
peinlichen Blick über die Schulter nicht mehr die Nackenhaare
sträuben, wenn Sie Vertrauliches auf dem Bildschirm haben.
Sonstige
Wer sich spielerisch für besondere Schriften interessiert und
überhaupt noch von Hand schreibt oder gar protokolliert, sollte
sich ruhig auch einmal mit Stenografie beschäftigen. Den
kulturhistorischen Touch wird man nicht vermissen, schon die alten
Römer kannten Steno (auch Cäsar konnte es...), und das hat sich
bis zu den Schreibern im Frankenreich fortgesetzt (http://de.wikipedia.org/wiki/Tironische_Noten).
Auch hier sichert man seiner Handschrift eine gewisse
Vertraulichkeit. Kann ich als natürlicher Schnellleser auch eine
kopfstehende Schriftseite mit einem Blick erfassen, so ist mir bei
Steno nur das Lesen Zeichen-für-Zeichen möglich. Und als Besitzer
einer, wie erwähnt, chaotischen Handschrift ist es ein besonderer
Genuß, Mitschriften aus ein bis drei sorgfältig geschriebenen
Kringeln pro Wort lesbar zu erstellen, als verzweifelt in immer
hastigerer Langschrift Stichwörter auf's Papier zu werfen...
Exkurs: Laientipps zu Füllhaltern
Schreibschrift und Füllhalter, das sind untrennbare Begriffe.
Darüberhinaus sind Füllhalter auch für den Alltagsbetrieb gute
Alternativen, was die Umweltfreundlichkeit und Preiswürdigkeit des
Betriebes anbetrifft, und bieten mehr Freiheiten in der Anwendung.
Für Eintragungen in Kladden oder auf Karteikarten mag man z.B.
löschbare königsblaue Tinte einsetzen, für Dokumente gibt es auch
wasserfeste, dokumentenechte Tinte wie "Noodler's Ink".
Kauftipps:
- Keine gebrauchten Füllhalter. Auch, wenn das Schnäppchen so
verlockend ist und das Fabrikat so cool, ein alter, mit
versteinerten Tintenresten von 50 Jahren verstopfter Sheaffer,
Füller mit subtil verbogenen Federn, die man nie wieder zum
Fließen bringt, Füllhalter mit nicht mehr dichten Innereien,
deren uralte Kork-Kolben alles andere tun, als frische Tinte aus
dem Fass saugen, sollte man sich ersparen. Höchstens ein Prozent
der werten Leser dieser Seite dürften die Erfahrung haben, einen
kaputten Füller wieder in Gang zu bringen. Sie kaufen ja auch
keinen verknäuelten Unfallwagen für den täglichen Weg zur
Arbeit, wenn Sie nicht Kfz-Meister mit einer unausgelasteten
Werkstatt sind, oder?
- Keine Konverter. Die Anbieter versprechen, dass ein Konverter
aus einem Patronenfüller einen Kolbenfüller macht. Konverter
haben aber den Tinteninhalt einer Patrone, nicht eines
Kolbenfüllers, und ferner habe ich im Fachhandel bzw.
Fachversandhandel zweimal in zwei Versuchen einen falschen
Konverter bekommen. Es hat mich schon gewundert, dass der Guru
im teuren Fachgeschäft den Konverter zu meinem Lamy-Füllhalter
nicht etwa nach der Modell-Nummer aussuchte, sondern die
Konverter in seiner Wühlkiste Stück für Stück ausprobierte, ob
wohl einer davon irgendwie zu passen schien. Zwei Konverter,
zwei unbrauchbare Füller, einer davon durch Reste eines
Konverters ruiniert, der wohl draufgesteckt werden konnte, aber
beim Herunternehmen zwecks Reinigung des verstopften Füllers in
Stücke ging, reichen mir. In Patronenfüller tue ich Patronen
hinein, für Tintenfässer kaufe ich echte Kolbenfüller.
- Billigfüller sind so gut und zuverlässig wie teure. Ich habe
extra mal aus einem Lebensmittelmarkt einen bunten Kinderfüller
von Pelikan für um 5,-- Euro mitgenommen, weil ich gerade einen
für rote Tintenpatronen haben wollte. Er ist genauso zuverlässig
und schreibt genauso gut wie die Markenfüller von Lamy oder mein
bis dato teuerster Füller mit Goldfeder. In der Tat bestätigt
einem schon mal der Fachhändler unter vorgehaltener Hand, dass
in seinen 100-Euro-Füllern dieselbe Tintenleitermechanik steckt
wie in seinen 10-Euro-Schreiblernfüllern.
Mein optisch auffälligster Füller, mattsilber, vergoldet, liegt
gut in der Hand, stammt aus China. Er schreibt genauso gut an
(auch nach langer Pause) und die Feder gleitet ebenso sanft über
das Papier, wie ein guter deutscher Markenfüller. Der teuerste
Füller, den es im gängigen Handel zu kaufen gibt (ich habe ihn
bei einem Firmenchef erlebt, der ihn als Jubiläumsgeschenk um
die tausend DM bekam) schrieb überhaupt nicht, er lief dauernd
aus, und zwar auch nach dem fünften Reparaturaufenthalt des
nagelneuen Gerätes beim Hersteller.
- Den Füllhalterfedern sieht man es nicht an, ob sie etwas
taugen. Die billigste Sorte schmückt sich mit dem Wort: "Iridium
Point". Iridium ist ein sündhaft teures Edelmetall, das seit
1954 nicht mehr in Füllhaltern verwendet wird und bis 1954
konnte es weder geschmiedet, noch ordentlich aufgeschweisst
werden - ganz wenige Fabriken beherrschten das Geheimnis, eine
Füllhalterfeder mit diesem enorm harten, nichtrostenden Material
zu fertigen.
Dennoch gibt es heute Millionen Füllhalter mit einer "Iridium
Point" Feder im Angebot. Das Wort bedeutet einfach nur, dass es
keine Goldfeder ist. Angeblich schreiben die alten deutschen
Fabrikate besonders gut, die chinesischen Federn besonders
schlecht. Ich bezweifle das. Chinesen sind Fans von Füllhaltern.
Wie sollten sie diese Vorliebe entwickelt haben, wenn ihnen die
guten Federn vorenthalten worden seien. An den Fähigkeiten
kann's nicht liegen, chinesische Halbfabrikate sind ja auch in
Schweizer Uhrwerken und deutschen Forschungsmikroskopen
vertreten. Fazit: Es gibt gut und präzise gefertigte und es gibt
schlechte "Iridium Point" Federn.
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